Für Wolfgang Schäuble ist es ein „Rendezvous mit der Globalisierung“, für Kanzlerin Merkel das alternativlose „freundliche Gesicht Deutschlands“. Wenn die Grüne Göring – Eckardt sagt, dass Deutschland sich „drastisch verändern“ wird und sie sich „darauf freue“, dann ist das natürlich ein ganz starker Satz. Denn „drastisch“ ist ebenso höhnisch wie dumm im Angesicht der in Deutschland bislang nicht gekannten Verbrechen von Köln, Hamburg, Würzburg und jetzt München und Ansbach. „Drastisch“ wird nur noch dadurch perfider, dass sich eine Politikerin in unserem Lande offenbar nicht nur in der Wortwahl nicht auskennt, sondern für die Summe der Veränderungen Freude empfinden kann.

Für sie alle ist klar: Integration soll es bringen, soll die Unterschiede auflösen, unsere Kultur bereichern, die Vorurteile der Deutschen abbauen, der Demografie-Kurve aufhelfen, das Nachwuchs-Problem der Bundeswehr lösen und endlich auch unser Gefühl für Herkunft und Geschichte, für Nation und Eigenständigkeit, soweit zertrümmern, dass Europa und Brüssel das Durchregieren ermöglicht wird.

Der Blick auf die Erfahrungen unserer Nachbarn, aber auch auf die Erkenntnisse mit Integration im eigenen Land, könnte helfen, brauchbare von untauglichen Lösungen zu trennen. Die Wirklichkeit dringt jedoch schon lange nicht mehr durch bis in die Berliner Regierungsstuben der Grün-Rot lackierten Einheitsfront einer Gewissensethik ohne Verantwortung. Schweden, einst Musterbeispiel für Europa, ist unter dem Migrationsdruck und fehlender Bewältigung zum „failed state“ geworden, Frankreich kämpft mit einem Paralleluniversum in seinen Banlieues, Großbritannien taumelt aus der EU, die Niederlande, Österreich und Dänemark haben ihre Einwanderungspolitik – nicht zuletzt unter dem Druck ihrer Bürger – um 180 Grad korrigiert. Für Osteuropa ist dies alles gar keine Option, eine Willkommenskultur nach deutschem Vorbild wäre hier mit politischem Selbstmord verbunden. Der Geist von Europa ist dahin, in wenigen Jahren, aufgrund von wenigen Entscheidungen von noch weniger Verstand. Deutschland hat dabei wieder die führende Rolle übernommen. „Rom war erwacht, doch nicht wie er gedacht, und nächste Nacht ward Nero umgebracht…!“ (E.Weinert)

Kommen wir wieder zurück zur deutschen Lieblingsfloskel der Integration. „Viel hilft viel“ scheint die Devise zu sein und meint vor allem: viel Geld. Lehrer fehlen zu Zehntausenden, Konzepte ebenso, Lehrstellen sowieso – alles Nebensache, das Geld wird es richten. Zumal dieses so billig ist wie nie zuvor. So wird Integration zu allererst zu einer Bringschuld für die Deutschen: wir müssen Geld in die Hand nehmen, Toleranz wagen und uns den Sitten und Gebräuchen anpassen – damit die Unterschiede insgesamt weniger ins Gewicht fallen. Übrigens gilt das natürlich nur für die zum großen Teil muslimische Einwanderung. Dass sich Koreaner, Japaner, Chinesen, Amerikaner, Russen und andere Europäer über Jahrzehnte fast geräuschlos integriert haben, geachtete und gewinnbringende Teile unserer Gesellschaft wurden, ist selbstverständlich deren Leistung und hat mit unserer Bereitschaft zu ihrer Integration nichts zu tun. Der Eindruck von Düsseldorf’s „Klein-Tokio“ verglichen mit Duisburg-Marxloh oder Berlin-Neukölln ist dennoch verstörend und brutal. Der langjährige Berliner Bürgermeister Heinz Buschkowsky bringt es im Interview dieser Woche auf den Punkt: „Das sind Leute, die unsere Gesellschaft vernichten wollen“. Was er meint sind libanesische (palästinensische) Banden, die Rentnern mit Drohungen das Geld abnehmen und wegen der im Libanon drohenden Todesstrafe von deutschen Behörden nicht verfolgt werden dürfen. Was er meint, sind die in Familien vollzogenen Ehrenmorde, rebellische, dealende Schüler, Familien-Clans in der dritten Generation. Was er meint, sind die Einzeltäter von Würzburg und München – mit Lehrstelle, Pflegefamilie und Integrationskurs, die nicht von der offenbar mit Muttermilch aufgesogenen Gewaltkultur ihrer Herkunft lassen können. Der aufgeklärte Intellektuelle diskutiert sophistisch mit Gleichgesinnten über das Gewaltpotential des Islam. Hallo? Die Rechtsordnung des Islam ist die Scharia, ohne Scharia kein Islam. Diese Rechtsordnung ist pure Gewalt, menschenverachtend, intolerant, chauvinistisch und undemokratisch. Sie ist die Baupause aller Verbrechen der letzten beiden Jahrzehnte, verspricht sie den in ihrem Namen Handelnden doch Absolution, inklusive 72 Jungfrauen für die Märtyrer unter ihnen. Über zwei Drittel der Studenten Pakistans haben in einer Umfrage bestätigt, dass für die Beleidigung ihres Glaubens die Todesstrafe auch an Ausländern und in ihren Heimatländern zulässig ist. Doch was ist Beleidigung? Die Scharia gibt darauf die einzige Antwort: Meinungsfreiheit kann es nur im Einklang mit der Scharia geben. Eine Tautologie und unvereinbar mit Europa seit Kant, Voltaire und Rousseau. Der politische Anspruch des Islam, Diskurs – unfähig auf alle Fragen des menschlichen Miteinanders nicht nur eine Antwort, sondern die EINZIGE Antwort – bei unbarmherziger Verfolgung aller anderen möglichen – zu haben, stellt diesen ausserhalb jeder ernsthaften Absicht und Möglichkeit zur Integration. Bassam Tibi hat den „Euro-Islam“ für gescheitert erklärt, nicht zuletzt weil moderate Muslime von ihren „rechtgläubigen“ Mitbrüdern gar nicht mehr als Anhänger desselben Glaubens angesehen werden. Frankreichs Vizepräsident der Imame, Hocine Drouiche, trat diese Woche mit einer klaren Botschaft zurück: „Wir müssen die Wahrheit sagen: Islam und Islamismus sind nicht mehr zu unterscheiden. Ich gebe meinen Rücktritt und meine Ablehnung dieser inkompetenten Institutionen bekannt, die nichts für den sozialen Frieden tun und ständig wiederholen, daß es keinen Extremismus gibt.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Wenden wir uns aber wieder der Integration zu. In den gängigen Formaten unserer gleichgeschalteten 68er- Medien wird der Versuch unternommen, den positiven Einzelfall gegen die Empirie auszuspielen. Das Ergebnis soll sein, wechselweise den Wissenschaftler ohne persönlichen Kontakt zu gut integrierten Muslimen und den schwarzmalenden Defätisten ohne Bezug zur statistischen Wissenschaft, zu diskreditieren. Beide jedoch nehmen objektive Realität wahr. Es ist sicher richtig und außer Frage, dass nicht alle Muslime Verbrecher sind. Aber genauso wahr ist, dass alle Urheber der Verbrechen, von 9/11 über London, Madrid, Paris, Nizza, Bombay, Istanbul, Ankara, Würzburg etc. Muslime waren. Von den kursierenden Videos der Apokalypse aus Rakka, Bagdad und Mossul nicht zu reden. Selbst die staatliche Gewaltkultur von Staaten wie Saudi-Arabien, Ägypten, Iran oder Indonesien hinterlässt bei den Aussiedlern unter ihren Bürgern ganz offenbar Gewalt als tägliche Routine und Teil ihrer Identität.

Daniel Goldhagen hat 2008 in seinem Buch „Hitlers willige Vollstrecker“ den – natürlich unsinnigen – Versuch unternommen, ein zur Gewalt neigendes Gen in jedem Deutschen dingfest zu machen. Wir haben sein Ansinnen in endlosen Debatten dankbar angenommen – wie es unsere Art ist hierzulande. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile? Dann sollte es ebenso erlaubt sein, andere Gruppen zu bilden, Einzelereignisse zu einer Kontinuität zu addieren und daraus spezifische Erwartungen zu generieren. Oder nicht?

Die Alternative dazu formuliert Kersting so: „Der Multikulturalismus ist eine Ausgeburt der Schwäche, des Verrats an den eigenen Überzeugungen. Nicht die Gruppe, sondern das Individuum ist der Protagonist und damit auch der Schutzbefohlene menschenrechtlicher Ordnungen. Würden die Helden der bürgerlichen Emanzipation sehen können, wie ihre Überzeugungen gegenwärtig differenzpolitisch und gruppenrechtstheoretisch verzerrt werden, wie ihr Liberalismus der Individuen in einen Kommunitarismus des Gruppenschutzes verkehrt wird, müssten sie mit ansehen, wie feige die meisten Wortführer des räsonierenden Publikums des Westens auf die Einschüchterungsversuche des eingeschleusten Fundamentalismus reagieren, wie die Intellektuellen erst vor den Dreistigkeiten zurückweichen und bei mörderischer Gewalt sofort nach Provokateuren im eigenen Lager Ausschau halten, sie würden sich ihrer Nachfahren schämen.“

Also keine Gruppenbildung im aufgeklärten Westen dulden? Auch nicht die Gruppen der Flüchtlinge, Muslime, unbegleiteten Minderjährigen mit Nachzugs-Anspruch, Ausgegrenzten. Alles und alle individuell betrachten? Das sah der Artikel 16 des Grundgesetzes genau so vor – bis er von einer irregeleiteten Kanzlerin unter Entrechtung ihrer Bürger durch unkontrollierten Massenansturm von um die 2 Millionen Menschen innerhalb eines Jahres (sic!) ad absurdum geführt wurde. Inklusive Aushebelung von Schengen und Dublin auf europäischer Bühne. Die individuelle Prüfung einschließlich der zügigen Abschiebung abschlägiger Bescheide wäre Luft zum Atmen. Diese Luft würde gebraucht für die wenigen Berechtigten. Auch dem ist nichts hinzuzufügen.

Die parlamentarischen Kämpfe der letzten Jahrzehnte um ein brauchbares, den Erfordernissen unseres Landes entsprechendes Einwanderungsrecht sind immerhin geprägt von dem Versuch einer Balance: was wird gebraucht, was kann man verkraften. Was ist humanitär geboten, was macht schlicht keinen Sinn – weil die Hilfe an Ort und Stelle der Katastrophe schneller und effizienter wäre. Keine Einigung, kein Gesetz – soweit, so gut. Bildung, Familie und Arbeit – das war der Dreiklang zum Integrations-Erfolg, ihn bliesen Herolde in jedes Wohnzimmer. Doch die ins Land geholten Produktivkräfte wollten sich nicht allein auf ihren Nutzen herunterbrechen lassen und leisteten sich ihre eigene Kultur, nämlich die ihrer Herkunft. Da die Diskussion über Sinn und Zweck einer „Leitkultur“ schnell in den Wirren der political correctness zerrieben wurde, wir wiederum ausserhalb orientalischer Esskultur wenig Interesse an Weiterem aufzuweisen hatten – Deutschland und die Deutschen empfinden ja schon die Bürde ihrer eigenen Kultur als nahezu untragbar – haben sich überall Parallelstrukturen gebildet. Anfangs kaum wahrgenommen (die Leute gehen ja zurück wenn wir sie nicht mehr brauchen…), dann verwundert wahrgenommen (müssen denn diese Kopftücher sein?), später hektisch begleitend (mein Gott, da sind ja Hass-Prediger und Dschihad-Rekrutierer darunter), jetzt verzweifelt bis kakophon-ratlos: „Das nächtliche Grauen im Regionalzug ist ein Zeichen dafür, dass sich Deutschland verändert hat, und nicht so, wie sich die Bundeskanzlerin das mit ihrer «Willkommenskultur» vorgestellt haben mag. Wie schon nach der Neujahrsnacht in Köln und anderen Städten machen sich Angst und Schrecken breit, und wieder stehen muslimische Einwanderer im Fokus. Das lässt sich nicht einfach ignorieren, es wird politische Auswirkungen haben.“ (NZZ, diese Woche).

Anmerkung: Nun sieht die Welt durch die getönte Scheibe der automobilen Oberklasse nicht ganz so schrecklich aus, es gibt aber eine Angst, besonders in den Eliten, welche noch größer ist als die Angst vor eingewanderter Gewalt. Es ist die Angst vor der „Idee“, die nach Karl Marx zur „materiellen Gewalt“ wird „sobald sie die Massen ergreift“. Sprich: diesem Spuk ein Ende macht.

Wo sie funktioniert, ist und bleibt Integration eine individuell vom Einwandernden zu leistende Bringschuld welche mit ihrem Gelingen – wie bei kommunizierenden Röhren – in der Lage ist, die Gesellschaft positiv zu verändern statt sie zu destabilisieren oder zu sprengen. Alle diesbezüglichen Erfahrungen in den USA, Kanada und Australien, aber auch bei uns zu Hause mit Menschen vieler Länder und Kulturen setzen einen kulturell determinierten Willen der Anpassung voraus. Das muss keineswegs kompromisslose Assimilation sein, jedoch ist die Übernahme säkularer, laizistischer Werte, die Essenz des Kanons der europäischen Geistesgeschichte, keine fakultative sondern eine zwingende Voraussetzung. Auf Augenhöhe kann dabei erst gesprochen werden, wenn die Basis der Toleranz nicht später von einer Partei dazu benutzt wird, eben diese abzuschaffen – was zum Beispiel gerade in der Türkei geschieht. Es war nicht nur dumm, so zu tun, als könne man die Türkei kulturell von Europa aus vereinnahmen, es war ein Fehler! Ein Blick in die Kultur des Landes, in seine Geschichte, vor allem in die der Mühen von Atatürks Säkularisierung, hätte genügt. Ein Land – auf wirtschaftlichem Kurs gen Westen, mit einer Kultur die in der Gegenrichtung unterwegs ist, kann nicht europäisch werden.

Wir können uns drehen und wenden: am Ende gibt uns die Wirklichkeit die Leitplanken des politischen Handelns vor. Noch einmal Karl Marx: „Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine theoretische, sondern eine praktische Frage“ Integration – so wie sie in der politischen Kultur etabliert werden soll, wird scheitern. Weil sie immer und überall unter diesen Voraussetzungen gescheitert ist.

Matthias Moosdorf

22.7.16