Der ehemalige israelische Regierungschef Naftali Bennett hat darüber berichtet, gerade erst wieder Gerhard Schröder. Beide wurden im März 2022, einen Monat nach Beginn des Krieges von der ukrainischen Seite um Vermittlung gebeten. Im Bundestag war schnell klar, das konnte nur „Putin-Propaganda“ sein. Der „Schlächter im Kreml“ würde niemals verhandeln, der Westen müsse ihn erst „in die Knie zwingen“. Man war so sehr daran interessiert, das Bild des „brutalen russischen Angriffskrieges“ zu zeichnen. Allein, es hatte nichts mit der Realität zu tun.

Nur DIE LINKE und die AfD rangen sich zu differenzierten Betrachtungen durch. Bei den Blauen führte es beinahe zur „Fraktionsspaltung“ (DER TAGESSPIEGEL). Über Wochen torpedierten zumeist Fraktionäre aus den Altbundesländern alle diejenigen, die man im Lichte der heutigen Erkenntnisse nicht anders als vorausschauend, historisch gebildet und politisch klug bezeichnen kann.

Drei Akteure bezeugen und kommentieren nun das „Istanbuler Kommuniqué vom 29. März 2022“ – ein Text von allerhöchster politischer Sprengkraft.

Michael von der Schulenburg, ehemaliger UN Assistant Secretary General, war über 34 Jahre lang für die Vereinten Nationen und kurz für die OSZE tätig, Hajo Funke ist emeritierter Professor für Politikwissenschaften des Otto-Suhr-Instituts der Freien Universität Berlin und General a.D. Harald Kujat war der ranghöchste deutsche Offizier der Bundeswehr und bei der NATO.

In ihrer Einführung schreiben sie: „Im Gegensatz zu heute hatten sich Präsident Zelensky und seine Regierung damals sehr um einen Verhandlungsfrieden mit Russland und ein schnelles Ende des Krieges bemüht. Im Gegensatz zu westlichen Darstellungen waren sich damals Ukraine und Russland darin einig, dass die geplante NATO-Erweiterung der Grund des Krieges war. Sie konzentrierten daher ihre Friedensverhandlungen auf die Neutralität der Ukraine und dessen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft. Im Gegenzug würde die Ukraine ihre territoriale Integrität mit Ausnahme der Krim behalten haben.

Es bestehen kaum noch Zweifel darüber, dass diese Friedensverhandlungen am Widerstand der NATO und insbesondere dem der USA und der UK scheiterten. Ein derartiger Friedensschluss wäre einer Niederlage der NATO, einem Ende der NATO-Osterweiterung und damit einem Ende vom Traum einer von den USA dominierten Welt gleichgekommen. Das Scheitern der Friedensverhandlungen im März 2022 und die darauffolgende Intensivierung des Krieges hat hunderttausenden von vor allem junger Menschen das Leben gekostet, eine junge Generation zutiefst traumatisiert und Ihnen sind schwerste seelische und physische Verwundungen zugefügt. Die Ukraine ist enormen Zerstörungen ausgesetzt. Das hat zu einer hohen Verarmung sowie einer fortführenden Entvölkerung des Landes geführt. An diesem Unglück tragen nicht nur Russland, sondern eben auch die NATO und der Westen eine schwere Mitschuld.“

Was haben die Hobby-Historiker damals nicht alles versucht, ihre Narrative zu verbreiten. Als ihnen die dünne Decke ihrer Argumente zu kurz wurde begannen sie damit, die Geschichte grob zu fälschen. Angeblich machte das Massaker von Butscha weitere Verhandlungen unmöglich. Wohlgemerkt Verhandlungen, die es angeblich gar nicht gegeben hat.

Allerdings scheiterte der Istanbuler Vertragsentwurf schon VOR den Ereignissen von Butscha. Eine kausale Verknüpfung ist Unsinn.

Seit Ende Februar 2022 wurden direkte Verhandlungen zwischen einer ukrainischen und einer russischen Delegation geführt, die sich in der dritten Märzwoche, „also nur einen Monat nach Ausbruch des Krieges, auf die Grundzüge einer Friedensvereinbarung geeinigt (haben): Die Ukraine versprach, der NATO nicht beizutreten und keine Militärbasen ausländischer Mächte auf ihrem Territorium zuzulassen, während Russland im Gegenzug versprach, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine anzuerkennen und alle russischen Besatzungstruppen abzuziehen. Für den Donbas und die Krim gab es Sonderregelungen.“ (Vgl. Michael von der Schulenburg: UN-Charta: Verhandlungen! In: Emma vom 6. März 2023).

Nach von der Schulenburg hatte es sich bei den russisch-ukrainischen Friedensverhandlungen um eine historisch einmalige Besonderheit gehandelt, die nur dadurch möglich war, weil sich Russen und Ukrainer gut kennen und die „gleiche Sprache sprechen“.

Am 28. März erklärte Putin, als ein Zeichen des guten Willens die Bereitschaft, Truppen aus dem Raum Charkow und dem Raum Kiew abzuziehen; dies geschah offenkundig bereits vor dieser öffentlichen Erklärung.

Am 29. März 2022 telefonierten Scholz, Biden, Draghi, Macron und Johnson erneut zur Lage in der Ukraine. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich offenbar die Haltung wichtiger westlicher Bündnispartner verhärtet.

Die Washington Post berichtete am 5. April, dass in der NATO die Fortsetzung des Krieges gegenüber einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung bevorzugt wird:

Am 9. April 2022 traf Boris Johnson unangemeldet in Kiew ein und erklärte dem ukrainischen Präsidenten, dass der Westen nicht bereit sei, den Krieg zu beenden. Laut britischem Guardian vom 28. April hatte Premier Johnson den ukrainischen Präsidenten Selenskyj „angewiesen“, „keine Zugeständnisse an Putin zu machen“

Darüber berichtete die “Ukrainska Pravda” am 5. Mai 2022 in zwei Beiträgen ausführlich:

“Kaum hatten sich die ukrainischen Unterhändler und Abramovich/Medinsky nach den Ergebnissen von Istanbul auf die Struktur eines möglichen künftigen Abkommens in groben Zügen geeinigt, erschien der britische Premierminister Boris Johnson fast ohne Vorwarnung in Kiew.

Johnson brachte zwei einfache Botschaften mit nach Kiew. Die erste lautet, dass Putin ein Kriegsverbrecher ist; man sollte Druck auf ihn ausüben, nicht mit ihm verhandeln. Die zweite lautet, dass selbst wenn die Ukraine bereit ist, mit Putin einige Vereinbarungen über Garantien zu unterzeichnen, dass es der kollektive Westen aber nicht ist.“

Die Neue Züricher Zeitung (NZZ) meldete am 12. April, dass die britische Regierung unter Johnson auf einen militärischen Sieg der Ukraine setzt. Die konservative Unterhausabgeordnete Alicia Kearns sagte: „Lieber bewaffnen wir die Ukrainer bis an die Zähne, als dass wir Putin einen Erfolg gönnen.“

Nach seinem Kiew-Besuch am 25. April 2022 erklärte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, die USA wollten die Gelegenheit nutzen, um Russland im Zuge des Ukrainekriegs auf Dauer militärisch und wirtschaftlich zu schwächen.7 Laut New York Times geht es der US-Regierung nicht mehr um einen Kampf über die Kontrolle der Ukraine, sondern um einen Kampf gegen Moskau im Zuge eines neuen Kalten Krieges.

Bei dem von Austin einberufenen Treffen von Verteidigungsministern der NATO-Mitglieder und weiterer Staaten in Ramstein in Rheinland-Pfalz am 26. April 2022 gab der Pentagon-Chef den militärischen Sieg der Ukraine als strategisches Ziel vor. Die amerikanische Zeitschrift “Responsible Statecraft,” schrieb am 2. September 2022: „Die Entscheidung, das Abkommen scheitern zu lassen, fiel mit Johnsons Besuch in Kiew im April zusammen, bei dem er den ukrainischen Präsidenten Selenskyi drängte, die Gespräche mit Russland aus zwei wesentlichen Gründen abzubrechen: Mit Putin kann man nicht verhandeln, und der Westen ist nicht zu einem Ende des Krieges bereit.

Es gibt bisher Friedensvorschläge von China, der Afrikanischen Union, Brasilien, Mexiko, Indonesien, einen auf Einladung des Vatikans entwickelten Vorschlag sowie einen von deutschen Experten vorgeschlagenen Weg zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen. Der Verlauf des Krieges seit den gescheiterten Istanbul-Verhandlungen und der gegenwärtig äußerst kritische Zeitpunkt sollten den verantwortlichen Staaten Anlass genug für ein Umdenken sein.

Die AfD hat diesen Weg von Anfang an konsequent aufgezeigt.

Die ausführliche Darstellung der Sachverhalte, vor allem aber den Wortlaut des Istanbuler Vertragswerkes findet man unter folgendem Link:

https://braveneweurope.com/michael-von-der-schulenburg-hajo-funke-harald-kujat-frieden-fur-ukraine

Unser Dank gilt Michael von der Schulenburg für diese zeitdokumentarische Arbeit.